Reisebericht Fernwanderung

 

Reisebericht Fernwanderung in Österreich von Ost nach West

Teil 15 (Woche 3)

    Bald erreichen wir Ebenau und weiter geht es nach Kendelbach. Hier entscheiden wir uns, nicht die Gaisbergroute zu nehmen, denn die Wolken hängen tief und es nieselt noch immer. Wir gehen über die Pechauer Scharte. Auf der Forststraße gibt es keine Markierungen, das verunsichert ein wenig. Erich hat diese Route natürlich nicht in sein JPS einprogrammiert. Erst als wir oben am Sattel sind, treffen wir erneut eine gelbe Richtungstafel. Seit diese Tafel aufgestellt wurden und es gibt sie inzwischen fast überall, ist die Orientierung viel einfacher geworden.
  Beim Talwärtsgehen treffen wir auf 2 Waldarbeiter, die Holz spalten und aufschlichten. Weithin hören wir die Musik der Stereoanlage, die mit voller Lautstärke aus dem Auto dröhnt. Sie übertönt den Lärm der Maschinen. Ich kann mir nicht vorstellen, so zu arbeiten. Zum Glück habe ich bei meiner Arbeit keine musikalische Dauerberieselung, die die Sinne abtötet und den Verstand betäubt.

    Bei einer Kapelle machen wir eine Trink- und Jausenpause. Bald geht es flott weiter auf der Straße. Bei einem Bauernhof biegen wir nach links ab. Leider ist unser Weg schlecht und teilweise gar nicht markiert. Auch fehlen die Tafeln an manchen Kreuzungen. Irgendwann treffen wir auf einen Bach. Ich will nach rechts hinunter, Erich ist laut Karte der Ansicht, dass es nach links hinauf den Bach entlang geht. Ich bin mir unsicher und irgendwie glaube ich, dass wir hier einen Fehler machen. Manchmal überkommt mich ein Gefühl der Unsicherheit. Meistens jedoch ist das unbegründet. Der Bach wird immer kleiner und immer mehr zum Rinnsal. Wo soll hier eine Schlucht kommen?

Nach einiger Zeit habe ich die Idee den Kompaß zu konsultieren. Erich muß feststellen, dass wir Richtung Süden unterwegs sind Richtung Westen sollten wir eigentlich gehen. Es ist erstmals in unseren langjährigen Wandererlebnissen, dass wir uns so richtig vergangen haben. Umgedreht und bald erreichen wir den fraglichen Punkt, wo sich der Bach nach Westen dreht. Gleich darauf erreichen wir die Schlucht. Aber es hat keine Markierung und kein Schild gegeben.
   Manchmal sind sogar genaue Karten ( 1 : 25 000) ungenau oder nicht genau genug. Vielleicht unterläuft uns auch ein Interprätationsfehler. Die Klausbach – oder Glasenbachklamm ist nicht besonders lang, aber erdgeschichtlich sehr wichtig. Da wurden zahlreiche versteinerte Fossilien gefunden. In den Kalkfelsen kam es zu vielen interessanten Ablagerungen. Auf  Bildtafeln wird auf diese Höhepunkte hingewiesen. Was  Erdkundler aus der Natur alles erkennen können und dann erdgeschichtlich uns Laien erklären, ist oft faszinierend.
    In Elsbethen machen wir einen Stop in einem Cafehaus. Das ist uns bereits richtig abgegangen. Ein Stück Cremeschnitte und einen Apfelsaft vergönne ich mir. Erich hat mit einer Himbeertorte, einem Eisbecher und einen kleinen Schwarzen seine Freude. Als Geschenk des Hauses gibt es eine Mozartkugel, die dieses Cafehaus  selber produziert. Nun wissen wir sicher, dass wir in Salzburg eingetroffen sind.
    Zu Fuß gehen wir über eine Brücke der Salzach, südlich am Mönchsberg vorbei. Wir steuern auf Hellbrunn zu und gehen an den Mauern des berühmten Zoos entlang. Vor uns liegt der Untersberg und die Gemeinde Anif. Hier wohnte einst der weltbekannte Dirigent Herbert von Karajan, der viele Jahre Chefdirigent der Berliner Philharmonika war. Von seinen Fans wurde er verehrt wie kein zweiter. Sie fühlten sich im Olymp der Musikkunst, wenn er dirigierte. Als junger Mann lernte er alle wichtigen Partituren auswendig. So benötigte er keine Notenblätter und hat die Musik im Kopf.  Viele CDs hat er eingespielt, die man heute noch kaufen kann. Ich habe seine 100 Meisterwerke zu Hause, und spiele regelmäßig diese CDs.

    In einer Bäckerei fragen wir nach einem billigen Quartier. Da die Husaren erst um 18:00 aufsperren, nehmen wir ein Doppelzimmer gleich daneben. Für nur 21€ pro Person haben wir Dusche und WC im Zimmer. Heute haben wir mit 30 km in 7 ½ St unsere längste Etappe gemacht. Nach dem Duschen gehen wir hinüber zum Husaren. Das Backhenderl, das ich mir hier bestelle ist eine große Portion und der kulinarische Höhepunkt dieser Wanderung. Langsam füllt sich die Gaststube, bald ist fast jeder Sessel besetzt. Hier isst man gut zu einem vernünftigen Preis. Ich trinke 2 Bier und viel Wasser. Heute vergönne ich 3 Achterl Wein, denn morgen haben wir unsere letzte Etappe.
    Heute war ich in einem Trott geraten, in dem ich fast endlos gehen kann. Schritt für Schritt- monoton dahin, ohne einen anderen Gedanken, einmal links , einmal rechts- ich setze einen Fuß vor den anderen- fast automatisch. Ich registriere nichts mehr- auch keinen Schmerz in den Beinen, nicht in den Oberschenkel und kein Brennen auf den Fußsohlen. Einfach nur gehen- Schritt für Schritt- so wie im Trance – über die flache asphaltierte Straße dahin.

 

Wir machen Tempo und absolvieren einen Kilometer nach dem anderen- gedankenlos…
  Weil es sehr gemütlich ist, gehen wir erst um 22:00 ins Bett.

Samstag 3.10.2009

  Nach dem Frühstück brechen wir zu unserer letzten Teiletappe nach Bad Reichenhall auf. Es beginnt wieder mit einem richtigen Straßenhatscher. Heute scheint die Sonne. Links von uns liegt der Untersberg, an dessen Fuß wir nun dahinwandern. Wie lange will ich den schon besteigen? Nächstes Jahr im Juni soll es so weit sein. Mit meinem Sohn Paul und ein paar Arbeitskollegen werden wir den Gipfelsturm antreten und auf der Zeppezauerhütte übernachten.
   Es geht durch Glanegg weiter nach Fürstenbrunn. Hier queren wir den  Sitz der Gutsverwaltung  Mair- Melnhof.  Dann  ein Schild 3 St. nach Großgmein. Wir wandern durch einen schönen Wald. Immer wieder bricht die Sonne durch und beleuchtet den Waldboden. Erich macht Tempo und ich folge in kurzem Abstand. Nach 1 ½ St. kommen wir zum Latschenwirt. Ich trinke dort einen gespritzten Apfelsaft. Stempel hat er keinen, so unterschreibt er unser Wanderbuch. Weiter durch den Wald erreichen wir Großgmein., der einstmals Grenzort war. Heute wird nicht mehr kontrolliert. Nur mehr ein Schild erinnert, dass hier Bayern und Deutschland beginnen. Europa ohne Grenzen- eine solche Leistung ist der Achse Deutschland – Frankreich zu verdanken. Zwei Politiker haben die Zeichen der Zeit richtig erkannt. Helmut Kohl und Francois Mitterrand sind dafür maßgeblich verantwortlich. Für diese unglaubliche Leistung haben sie leider keinen Nobelpreis erhalten- wer dann, wenn nicht die zwei. Damit können wir hoffen, dass der Friede für längere Zeit in Europa eingekehrt ist.

 

 

        Die letzten 4 Kilometer sind angebrochen, noch eine weitere  Stunde auf den Beinen. Knapp vor dem Ziel wird es für mich immer besonders schwierig. Die Konzentration  lässt nach, der körperliche Verfall beginnt. Alles beginnt zu schmerzen.- die Schultern vom Rucksacktragen, die Handflächen haben Blasen von den Stöcken, die Oberschenkel ziehen, auf den Fußsohlen verspüre ich ein Brennen. Dann glaube ich, dass ich es nicht mehr schaffen kann. Mit einer großen Willensleistung erreichen wir das Schloß oberhalb der Stadt. Ein Pensionist sitzt dort auf einem Bankerl. In der Pension hierher von München zu ziehen, ist der Traum vieler, die es sich leisten können. Es gibt viele gemütliche Spazierwege und eine schöne Fußgängerzone. Nach mehrmaligen Fragen finden wir den Bahnhof. Alles zugesperrt, kein Bier, nichts zu essen. Wir warten auf den nächsten Zug. Es ist ja Samstag nachmittags, keine offene Gastronomie in Bahnhofsnähe. Ein letzter Schluck Tee aus der Aluflasche und die letzten Müsliriegel. Wenigstens auf den Zug nach Salzburg müssen wir nicht lange warten. Schon eine halbe Stunde später sitzen wir im Zug. Dieser Regionalzug bleibt zwar überall stehen, aber trotzdem erreichen wir bald unser Ziel. Mit einem Expresszug geht’s in flotter Fahrt nach Linz.
 

  Wieder ist eine anstrengende Fernwanderetappe zu Ende gegangen. Da frage ich mich immer, warum ich das wohl auf mich nehme. Die Anstrengung, der zerschundene Körper, viel Schweiß und Mühe.- letztlich ist es eine Herausforderung, die wir im Alltagsleben nicht mehr kennen. Es ist ein Abenteuer, das nicht im Kopf stattfindet, sondern in einer zumeist schönen Natur. Natürlich gibt es oft viele Straßenkilometer, vor allem im Bereich der Städte . 125 km und ca.5000 Hm hinauf und hinunter fordern alles, was der Körper an Reserven hat. Sicher bin ich zuletzt stolz, dass ich das meinen Körper abverlangen kann. Ich bin kein trainierter Profi, sondern ein Durchschnittswanderer, der seine Liebe zur Natur leben will. Damit erkenne ich die Vielfalt der Landschaftsformen, die Österreich zu bieten hat. Die Schönheit der Schöpfung, die wir für unsere Nachwelt erhalten sollen. Natürlich bin ich mein ganzes Leben lang, ein eifriger Leser von Büchern gewesen und habe dabei viel „erlebt“. Aber das Wandern und Bergsteigen verschafft mehr Befriedigung- die hautnahe Auseinandersetzung mit der Natur. Damit  lerne ich auch  meine körperliche Belastbarkeit und Leidensfähigkeit kennen.
Nach der Wanderung unterzog ich mich einer arthroskopischen Operation der linken Hüfte und hoffe, dass ich damit für neue Wanderabenteuer wieder fit bin.

Woche 1 Teil1 Teil2 Teil3 Teil4    
Woche 2 Teil5 Teil6 Teil7 Teil8 Teil9  
Woche 3 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15
             
Reiseberichte Europa Reiseberichte Nordamerika Reiseberichte Südamerika
Reisenberichte Afrika Reiseberichte Australien Reiseberichte Asien
Reiseberichte Antarktis Abenteuer Reiseberichte Reisebericht Mittelamerika

 

 

 

Reiseinfos Österreich

Ihr habt einen Reisebericht aus Österreich, Reiseinfos über Österreich oder eine speziellen Österreich Reisetipp?

Ich werde gerne eure Infos oder Reiseberichte veröffentlichen. Verwendet bitte dazu das Kontaktformular!

Buchtipp Fernwandern

 

Copyright 2006 Traum-Reiseberichte.com   Reisebericht Fernwanderung | Reiseinfos Österreich | Reisetipps Österreich