Reisebericht Andalusien

 

Reisebericht aus Andalusien

Ausführlicher Reisebericht aus Andalusien (Teil 6)

Sonntag 19. 7. 2009
Muss das sein? Wir fahren nach Huétor. Manuelo kennt da eine Bar, wo es am
Wochenende Schinken vom Grill gibt. Wir, das sind Antonio (der Lange), Domingo,
Manuelo und ich. Wir parken das Auto gegenüber. Es gibt tatsächlich zu jedem Bier eine
schöne Portion Schinken, dazu frisches Brot. Das Ganze inkl. Bier kostet dann € 14.30.
Manuelo will dies alles zahlen.
Als wir wieder zum Auto kommen, bemerke ich, dass auf der Beifahrerseite das Schloss
ausgebrochen wurde. Dies muss in der gestrigen Nacht passiert sein. Das Auto liess sich
dadurch natürlich nicht öffnen. Der Täter musste ein richtiger Dilettant gewesen sein.
Wenigstens hat er daraufhin nicht noch die Scheibe eingeworfen.
Ich werde nun mal die Police studieren. Vermutlich brauche ich ja einen Polizeirapport.
Alex anerbietet sich mit mir zur Polizei zu fahren. Das ist zwar sehr nett, aber seine
Spanischkenntnisse sind auch nicht besser als die meinigen. Ich werde in die Bar gehen
und die Sache mit Antonio besprechen. Aber heute, am Sonntag, ist der Policía Local –
Posten nur mit einem Mann besetzt, meint Antonio. Man schicke uns dann sowieso zur
Guardia Civil, also würden wir besser direkt dorthin fahren. Ich bin auch froh um diesen
Tipp und so fahren wir dann in die Oberstadt. Er dirigiert mich auf einen Restaurant-
Parkplatz. Die Zufahrt zur Kaserne ist nur mit Bewilligung der Polizei erlaubt. Also hinauf
zur Kaserne, wo wir uns beim Portier anmelden müssen. Sofort werden wir ins Parterre
der Kaserne geschickt, wo der Vorfall protokolliert werden soll.
Nun sitzen wir beide in einem gut klimatisierten Raum, vor uns der freundliche Beamte
und über ihm ein grosses Bild des spanischen Königs Juàn Carlos. Guardi Civil eben,
immer treu ergeben den jeweiligen Machthabern.
Jetzt wird das Protokoll geschrieben. Es zieht sich sehr in die Länge, sogar meinen
Geburtsort will er wissen, sowie den Namen meines Vaters und meiner Mutter. Da er
vieles in deutsch nicht zu schreiben weiss, muss ich zwischenzeitlich selbst in die Tastatur
greifen. Im Spanischen kennt man ja keine Umlaute und da ich meine Gaffas (Brille)
wieder mal nicht finde (ich habe sie wie immer am Shirt angehängt), ist die Sache auch für
mich nicht ganz einfach. Nachdem ich auch noch meine Versicherungsdokumente
vorweisen muss halte ich am Schluss einen 2-seitigen Rapport in den Händen. Es wird
also in Zukunft nicht mehr so einfach sein in Spanien unversichert herum zu kutschieren.
Das ist auch höchste Zeit. Man schätzt, dass in Spanien mindesten 25% aller Fahrzeuge
unversichert in Betrieb sind. Das ist deshalb möglich, weil man beim Bezug der
Nummernschilder nur den Steuernachweis sowie den spanischen TüV belegen muss.
Eine spanischen Eigenart, in der ach so gut organisierten EU. Da der Guardia Civil-
Beamte nun auch noch den Schaden sehen will, darf ich mein Fahrzeug herauf holen.
Eine kurze Begutachtung, ein freundliches Lächeln zum Abschied. Wir sind wieder in der
Freiheit. „Gurte dich bloss an“ mahnt mich Antonio. Und tatsächlich der wach habende
Portier nimmt uns beim hinaus Fahren noch mal ganz schön ins Visier. Und die Gurten
nicht getragen, macht in Spanien € 100.--.
Am Abend gehe ich wie immer in die Bar. Dort werde ich von Denis, einem Schotten,
angesprochen. Er ist mir schon öfters begegnet und aufgefallen, da er immer wieder ein
typisch deutsches Wort von sich gibt. Ich frage ihn nach seiner Herkunft. „Sitze zu uns ins
Freie, dann erzähle ich dir meine Geschichte“. Die beiden, Denis und Rachel, kippen
immer ordentlich Bier in sich hinein. Ich habe schon beobachtet, dass die Andalusier nicht
sehr viel von ihnen halten. Das liegt wahrscheinlich daran, dass Denis des öfteren ziemlich
wichtig umher stolziert und die Leute dann immer bequatscht. Das scheinen nicht alle zu
mögen. Ich setze mich also zu ihnen an den Tisch. Schon schnell kenne ich ihre
Vergangenheit. 25 Jahre hat er bei der englischen Besatzungsmacht in Deutschland
gedient. Auch sie hat dort gearbeitet, deshalb sprechen auch beide ziemlich gut deutsch.
Sie finden Alex sei ein richtiger Scheisskerl, er habe die Krankheit seiner Frau auf dem
Gewissen. Ihre Antipathie hat sogar einmal zu einer richtigen Schlägerei vor dem El Rio
geführt. Alex wurde darauf hin sogar ins Spital gebracht, sein Nasenbein war gebrochen.
Na ja.....wenn sich allerdings ein 67-jähriger Mann noch dermassen prügelt, ist das doch
wirklich eigenartig. Jedenfalls frage ich Rachel, weshalb sie so blaue Flecken am Arm hat.
Ein Moment des Schweigens .... Ich bin gegen einen Kasten gelaufen. OK, ich weiss
eigentlich schon fast genug. Sie haben übrigens täglich telefonischen Kontakt mit der Frau
von Alex. Die Familie von Alex hätte riesige Probleme, mehr wollen sie mir dazu nicht
sagen. Irgendwie stehe ich dazwischen, und das macht mich nicht sehr froh.
Ja, der Alkohol scheint hierzulande ein grosses Problem zu sein. Es wird gesoffen, was
das Zeug hält. Ich glaube, im Grunde genommen sind hier viele Ausländer ziemlich
einsam. Denis und Rachel raten mir, das nächste Mal bei ihnen zu logieren und betonen
„gratis natürlich“. Voller Stolz sagt er mir, er bewohne ein 400-jähriges Altstadthaus, zwei
Seitenstrassen oberhalb von Alex.
Ja, um Kontakte musst du dich hier wirklich nicht gross kümmern. Die Menschen sind froh
um jede Abwechslung. Palavern den ganzen Tag, und immer schön ein Bierchen dazu
trinken. Viele Andalusier bevorzugen allerdings Drinks. Whisky Cola, Cuba Libre oder Gin
Tonic. Auch wenn diese nur € 2.50 kosten, frage ich mich doch öfters, woher sie das Geld
haben. Allerdings scheinen sich fast alle von den Tapas zu ernähren und diese sind ja inbegriffen.
Dabei richten sie dann auch noch ungeniert ihre speziellen Wünsche an den
Wirt. Die kostenlosen Tapas sind für sie eine Selbstverständlichkeit.

Montag, 20. Juli 2009
Es ist wieder einmal bewölkt heute Morgen, der Wind weht aus den Bergen, die Hähne
krähen, nur der Hund ist heute nicht zu hören. Es ist nun 7.45 Uhr und ich gehe zum
Frühstück ins Erdgeschoss. Menü, wie die ganzen 3 Wochen: Müsli, Joghurt, zwei
Scheiben Toast, Butter und Konfitüre, dazu eine Tasse Kaffee. Herrlich!
Die Schwalben fliegen auch heute wie wild nach Mücken. Ihnen verdanke ich, dass ich die
ganze Zeit über keine Chemie einsetzen muss, und das bei brennendem Licht und
offenem Fenster. Sie machen wirklich ganze Arbeit, beim Eindunkeln unterstützt von den
jagenden Fledermäusen. Der alte Kirchturm ist der ideale Nistplatz für diese Tiere,
aber auch sonstige alte Gemäuer schätzen sie sehr. Die vielen, offen verlegten Elektroleitungen
erleichtern den Schwalben das Rasten.


Die beiden Katzen streiten miteinander. Niemand nimmt sie zur Kenntnis, denn Alex mag
Katzen überhaupt nicht und ich will sie auch nicht im Zimmer haben. Traurig, sie sind ein
Überbleibsel seiner Frau. Alex hat seinen Eintopf schon wieder verspeist, er wird heute
einen neuen kochen müssen. Auf Bier verzichtet er seit Tagen. Es ist auch besser so, er
scheint jemand zu sein, der ins Elend säuft. Der Nachbar kratzt wie jeden Morgen auf
seiner Terrasse herum. Ich vermute er hält dort Hühner, denn Schweine hört man keine
grunzen.
Das Wetter heute: Die anfängliche Bewölkung verdichtet sich zunehmend. Gibt es etwa
Regen? Heisse, stürmische Winde kommen auf. Viele Blumentöpfe im Hinterhof verabschieden
sich vom angestammten Platz. Ich freue mich, endlich nach drei Monaten
könnte es Regen geben. Zu früh gefreut. Um 18 Uhr ist der Himmel wieder strahlend blau,
kein Wölklein mehr zu sehen. Alltag in Andalusien im Sommer 2009. Die Sonne hat hier
einfach zu viel Kraft. Die Hähne krähen wieder, und die Leute verziehen sich in den
Schatten. Der Wind hat sich wieder verabschiedet. Das Eternitdach über meiner Terrasse
hat wieder seine Ruhe. Es wird nicht mehr von den Ästen des Baumes attackiert.
Langsam, aber sicher vermisse ich das Meer von Portet, und die Abkühlung die am Abend
davon ausgeht. Es sind jetzt nur noch 2 Tage, sagen wir 2 ½ Tage. Das Thermometer
steigt hier regelmässig über 40°. Eine wirklich Abkühlung gibt es dann erst nach 24 Uhr,
und um 6.30 Uhr erscheint schon wieder die Sonne. Ab 12 Uhr läuft bei mir der grosse
Deckenventilator, vielfach bis um Mitternacht. Die 27° im Zimmer empfindet man als
angenehm kühl.
Dienstag, 21. Juli 2009
Antonio will mir heute den privaten Vergnügungspark, der sich am Stadtrand befindet,
zeigen. Die Anlage ist etwa 25 Jahre alt und hatte ihren geschäftlichen Höhepunkt
in den Jahren 2002/03. Leider steckt auch diese Institution massiv in der Krise. Es gibt hier
ein grosses Freibad, diverse Wasserrutschbahnen für Kinder, eine grosse Freilichtbühne,
eine riesige Gartenwirtschaft. Eine offene Tanzbühne hat es ebenso, wie eine lange
Aussenbar. Wirklich beeindruckend was hier private Initiative alles aufgebaut hat. Den
Zenit hat das Ganze allerdings überschritten und die Finanzkrise tut nun das übrige.
Sinnvollerweise wird hier während den langen Sommerferien (8 Wochen), Ersatzschule
gegeben. Dies ist in Spanien üblich und für berufstätige Leute eine wichtige Sache. Hier
unter den Bäumen lässt es sich für die Kinder aushalten und sie sind dann auch
beaufsichtigt.
Wir unterhalten uns an diesem Morgen noch mit einem Mann der Strassenreinigung. Er ist
mir des öfteren dadurch aufgefallen, dass er seine Arbeit mit grossen Enthusiasmus
ausübt. Es ist hier wie im übrigen Europa so, dass diese Arbeiten vermehrt 'ausgelagert'
werden. Der Mann arbeitet von 6 Uhr bis 13 Uhr und verdient im Monat 1150 Euro.
Während der Arbeit begnügt er sich mit gekühltem Wasser, welches man ihm überall
offeriert. Er ist sehr angesehen hier in der Unterstadt, alle grüssen ihn freundlich. Er macht
mir einen sehr glücklichen Eindruck und er ist stolz auf seine Arbeit. Sein Arbeitstempo
würden hier die wenigsten mithalten können, aber er, er hat wenigsten Arbeit. Das Abfuhrund
Reinigungswesen beschäftigt in Lojà zwischen 35 und 40 Personen. Die
Abfallcontainer werden wie meistens in Spanien in der Nacht geleert.
Antonio will mich in ein Lokal führen, wo es die besten Spaghetti von Lojà gibt. Wir fahren
in die Oberstadt. Hier ist der Heimathafen aller Pizzakuriere in dieser Stadt. Du siehst am
Abend reihenweise Motorroller mit ihren orangefarbenen Lieferkisten durch die Stadt
rauschen. Ein ein-trägliches Geschäft. Alles blitzblank sauber, die Küche in
Chromstahlausführung, das Restaurant nüchtern in der Ausführung, Stühle und Tische
rein zweckmässig. Aber gibt es hier wirklich die besten Spaghetti? Ich bestelle einen
kleinen Salat und Spaghetti Carbonara. Der Salat entpuppt sich als Portion für 6
Personen. Dies ist übrigens eine spanische Eigenart. Du hast grosses Glück, wenn du mal
einen einfachen Teller erhältst. Das Ganze ist für spanische Verhältnisse meist sehr teuer,
dabei ist Salat in diesem Lande wirklich preiswert. Aber die Relationen stimmen einfach
nicht, wenn du für ein grosses Cordon-Bleu mit reichlich Gemüsebeilage und Pommes den
gleichen Preis zahlst wie für einen Salatteller, der wie üblich in südlichen Ländern weder
ein feines Dressing noch sonst eine Sauce enthält. Diesen Frust muss ich an dieser Stelle
einfach loswerden.
Jetzt kommen die Spaghetti. Auch dies eine Portion für zwei Fuhrmänner und die Qualität
eher dürftig. Jedenfalls haben sie mir im El Rio entscheidend besser geschmeckt.

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