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Reisebericht Widukind Deutschland

Widukind: die Tour Wittekindberg - Minden

Wer sich ein wenig für deutsche Frühgeschichte und die Sachsenkriege (772-804) interessiert, kennt nicht nur Karl den Großem, sondern sicher auch den sächsischen Heerführer (bzw. Herzog) Widukind (Wittekind), der als wichtigster militärischer Gegenspieler Karls in Erscheinung trat, aber später (785) mit dem Frankenkaiser Frieden schloss und die christliche Taufe empfing. Die wichtigsten Sehenwürdigkeiten rund um den Sachsenführer trifft man in Enger an, der „Widukindstadt“ in Ostwestfalen. Sehr empfehlenswert ist das dortige Widukind-Museum. In der Engeraner Stiftskirche, unweit des Museums, liegen zudem (wahrscheinlich) die sterblichen Überreste Widukinds begraben. Ein Besuch in Enger, einschließlich eines Abstechers zu den im Umland befindlichen Sattelmeierhöfen, die der Sage nach Geschenke Widukinds an seine treuen Gefolgsleute waren, ist daher für reisefreudige Widukind-Fans ein Muss. Zur Tour gehört sinnvollerweise auch ein Besuch des Wittekinddenkmals bzw. Wittekindbrunnens in der (größeren) Nachbarstadt Herford.

Eine weitere Tour, um Widukind und dem Mythos rund um den Sachsenherzog, näherzukommen, ist die Strecke Wittekindsberg-Minden, deren zwei Knotenpunkte über den Weserradweg zwischen Porta Westfalica und Minden gut miteinander verbunden sind. Auf dieser Tour findet man „Sehenswürdigkeiten“ rund um den Sachsenherzog, die z. T. schon der Vergessenheit anheimgefallen sind. In Online-Reisemagazinen sucht man sie vergeblich, weshalb an dieser Stelle ein wenig Abhilfe geschaffen werden soll.

Wittekindsberg

Die wichtigst Sehenswürdigkeit auf dem Wittekindsberg ist das Kaiser-Wilhelm-Denkmal, das als Wahrzeichen Porta Westfalicas gilt. Es weist allerdings keinen direkten Zusammenhang zu Widukind auf. Den Namen Wittekindsberg erhielt der zum Wiehengebirge gehörende Berg an der Porta Westfalica, weil sich hier die Reste einer Burg befinden, die man ab dem 15. Jahrhundert (fälschlicherweise) als einen der früheren Sitze des Sachsenherzogs deutete. Die Wallreste der Burg sind bis heute gut erkennbar, Infotafeln informieren vor Ort ausführlich. Innerhalb der Wallanlagen liegt das 1895/96 erbaute Berghotel Wittekindburg. Im Hotel findet sich ein erster Hinweis auf die Legende vom sog. Quellwunder, der zufolge der in seinem heidnischen Germanenglauben bereits schwankende (und obendrein durstige) Widukind bei einem Ritt durch Wiehengebirge den Christengott um ein Zeichen seiner Macht bzw. Existenz bat und dieses Zeichen wunschgemäß in Form einer sprudelnden Quelle erhielt, die Widukinds Roß per Huftritt freisetzte.

Ein großes Ölgemälde im Restaurant des Berghotels aus dem Jahre 1904 stellt diese mystische Begebenheit in dramatischer Form dar. Einer lokalen Sagenvariante nach soll sich das Quellwunder sogar auf dem Wittekindsberg selbst ereignet haben (die meisten Sagenerzählungen gehen freilich von Bergkirchen, einem Vorort von Bad Oeynhausen, als Schauplatz des Quellwunders aus). Jedenfalls findet man auf den Wittekindsberg, nahe dem Berghotel, auch eine Wittekindsquelle, die früher als Ort des mystischen Ereignisses ausgewiesen wurde. Das Original der prächtigen Quellfassung aus den Jahren 1896/97 ist leider verloren gegangen, die heutige, recht lieblos gestaltete Quellfassung ist jüngeren Datums. Auch an der Wittekindsquelle gibt es eine Infotafel. Sie behandelt - gut bebildert -  die Geschichte der Quelle. Dass der Wittekindsberg überdies laut lokaler Sage auch als Schauplatz der Taufe Widukinds galt, ist heute kaum noch bekannt. Die nahe der Wittekindsquelle gelegene Magarethenkapelle soll der Taufort gewesen sein. Im 19. und früheren 20 Jahrhundert wurde sie folgerichtig auch als „Wittekindskapelle“ bezeichnet. Der wahre Taufort Widukinds war freilich Attigny in den Ardennen (885), wo wahrscheinlich Karl der Große höchstselbst als Widukinds Taufpate fungiert hat.

 

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Wittekindsquelle

Zu den faszinierendsten Aspekten der Widukind-“Sehenswürdigkeiten“ auf dem Wittekindsberg gehört zweifelsohne, dass sie im vorletzten Jahrhundert tatsächlich stark frequentierte regionale Ausflugsziele darstellten. Und auch aus anderen Teilen Deutschland zogen sie nicht wenige Besucher an. Widukind galt seinerzeit als „nationale Symbolfigur“ und sein Kampf gegen den „Franzosenkönig“ Karl wurde oft nicht nur als „Freiheitskampf der Sachsen“, sondern als früher Kampf für Deutschlands Unabhängigkeit interpretiert. Die Infotafeln an der Wittekindsquelle z. B. vermitteln einen guten Eindruck von ihrer früheren „touristischen“ Bedeutung. Heute dagegen sind es vorrangig das Kaiser-Wilhelm-Denkmal, die 1996 entdeckte und freigelegte Kreuzkirche, die Drachenflug-Startrampe vor dem Berghotel und allgemein die guten Wanderwege auf den Wittekindsberg, die mit Abstand die meisten Touristen anziehen. Das Interesse an Widukind bzw. der an den Sagen rund um den Sachsenherzog spielt nur eine untergeordnete Rolle.  Nichts könnte das besser zum Ausdruck bringen als das „Schicksal“ des 1829 errichteten und schon bald vergessenen Wittekind-Denksteins auf dem Gelände des Gutes Wedigenstein. Der Obelisk wurde anlässlich des 16. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig errichtet. Heute gibt es nicht einmal einen Wegweiser oder Infotafeln zu dem Gedenkstein, der immerhin als „erstes Widukind-Denkmal Westfalens“ betrachtet werden kann. Zugänglich ist er allerdings weiterhin, obwohl eigentlich auf Privatgelände gelegen. Am Standort des Denkstein befand sich übrigens einst auch die Burg Wedigenstein, die der Legende nach ein weiterer Sitz Widukinds gewesen sein soll. Von ihr sind aber nur noch sehr wenige Überreste vorhanden. Infotafeln gibt es auch hierzu nicht.

Minden

Mindens wichtigste Sehenswürdigkeit ist zweifellos der Mindener Dom. Auch er hat einen Widukind-Bezug, denn einer Legende nach soll sich auf dem „Domhügel“ einst eine Burg Widukinds (die den Namen Wisingen trug) befunden haben. Auch der historische Wahrheitsgehalt dieser Legende liegt bei Null. Im „Heiligenfenster“ des Doms, das 11 Heilige und Selige des früheren Bistums zeigt, findet man nichtsdestotrotz eine Darstellung des Sachsenherzoges (unmittelbar neben Karl dem Großen).
Folgt man einer weiteren Legende, waren Karl der Große und Widukind sogar die gemeinsamen „Gründer“ Mindens, denn nach dem Friedensschluss der beiden soll Widukind seinem einstigen Todfeind mit Blick auf seine Burg angeboten haben: „Min un Din Schall de Borg sien“.  Karl nahm an und verfügte, dass die „geteilte“ Burg zukünftig auch „Min un Din“ heißen solle. Später wurde daraus eben „Minden“. Auch der Wahrheitsgehalt dieser Legende geht gegen Null, allerdings war es tatsächlich Karl der Große, der Minden zum Bischofssitz machte und den Bischhof einsetzte.
An die Mindener Gründungslegende erinnert das im Jahre 2010 eingeweihte Min & Din Figurenspiel am Mindener Marktplatz. Karl und Widukind reichen sich hier viermal am Tag versöhnlich die Hand. Unterhalb des Figurenspiels sind überdies Tafeln mit scherenschnittartigen Darstellungen aus der Geschichte Mindens angebracht. Neben vielen realen Ereignissen wurde auch das Quellwunder aufgenommen. Der Name der Tafel lautet „Ursprung der Widukindquelle“. Datiert ist das mystische Ereignis auf 885, dem Jahr der Taufe Widukinds.
Die für den Tourismus zuständige „Minden Marketing GmbH“ vermarktet die Gründungslegende der ostwestfälischen Stadt heute ausgiebig. Zwei weitere Sehenswürdigkeiten mit Widukind-Bezug in Minden finden allerdings so gut wie nie Erwähnung. Gemeint ist zum einen der Figurenzyklus „Die Sieben guten Helden“, der aus sieben Steinplatten besteht und sich heute oberhalb der Schuhabteilung im Kaufhaus Hagemeyer in der Mindener Innenstadt befindet. Eine der Steinplatten zeigt Widukind - apostrophiert als „König der Sachsen“. Die anderen dargestellten „guten Helden“ sind Alexander der Große, Cäsar, Kaiser Augustus, Arminius, Karl der Große sowie Hektor. Eine recht illustre Runde also, in die sich der sächsische Heerführer hier eingereiht findet! Noch bedeutsamer und sehenswerter ist ein Monumentalgemälde mit dem Namen „Die Taufe Widukinds“, das in der Aula der Grundschule Domschule hängt. Das imposante Werk wurde im Jahre 1884 geschaffen. Bezeichnend ist, dass der Künstler die Taufe des Sachsenherzogs auf seinem Bild ins Wiehengebirge verlegte – wie bereits erwähnt eine historisch falsche Darstellung der Ereignisse. Wer sich das Monumentalgemälde in der Aula anschauen will, muss vorher beim Hausmeister der Grundschule um Erlaubnis nachfragen.

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